Wie HRV-Biofeedback Deine Entscheidungen beflügelt

Vielleicht kennst auch Du diesen Zustand?

Du triffst pausenlos Entscheidungen – sei es im Privatleben oder im Beruf. Viele sind banal, andere wiederum dicke Bretter mit weitreichenden Folgen. Aber egal, was zur Entscheidung ansteht, häufig fällst Du diese unter Zeitdruck und bist gestresst. Das bleibt nicht ohne Konsequenzen und so manche Fehlentscheidung. Die Entscheidungsfindung ist einer der wichtigsten kognitiven Prozesse des täglichen Lebens. Umso wichtiger ist es, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie dieser Prozess optimiert werden kann.

In einem kürzlich (11/2021) erschienenen systematischen Literatur-Review zeigen die Ergebnisse einen Zusammenhang zwischen einer größeren Herzratenvariabilität  (HRV) und besserer Entscheidungsleistung, insbesondere bei Risiko und Unsicherheit. Gleichzeitig sei „eine niedrigere HRV mit einer geringeren Leistung bei der Entwicklung guter Entscheidungen verbunden“. Auch wenn es nach Aussagen der Autoren noch  weiteren Forschungsbedarf gibt, kann die HRV als Biomarker für die Entscheidungsfindung angesehen werden. Das Training der Herzratenvariabilität (HRV) ist also nicht nur eine effektive Prävention von chronischen Erkrankungen. Es entpuppt sich immer mehr als eine vielversprechende Möglichkeit, die Entscheidungsfähigkeit zu trainieren. Insbesondere für all jene, die wichtige und knifflige Entscheidungen gern vor sich herschieben bzw. ihnen aus dem Weg zu gehen versuchen. 

Wenn Du Dich regelmäßig in Herzkohärenz übst, steigerst Du nachweislich Deine HRV und bildest somit die Grundlage für kluge Entscheidungen. Doch damit nicht genug. Belgische Forscher haben sich in einer 2019 veröffentlichten Studie mit der Frage beschäftigt, welchen Einfluss bestimmte Atemmuster auf die Entscheidungsfindung unter Zeitdruck haben. Mit erstaunlichen Ergebnissen:

„Die Interventionsgruppe übte vor dem Test 2 Minuten lang vagale Atmung. Das Stressniveau vor und nach dem Test sowie die Entscheidungsfähigkeit wurden gemessen. Die Teilnehmer der Kontrollgruppe zeigten einen signifikanten Anstieg des Stressniveaus, während das Stressniveau der Interventionsgruppe nicht signifikant anstieg. Außerdem wurden in der Interventionsgruppe mehr richtige Antworten gegeben (47,32 %) als in der Kontrollgruppe (32,14 %). Dies entspricht einem um 47 % höheren Prozentsatz an richtigen Antworten im Vergleich zur Kontrollgruppe.

 

Vagale Atmung dient dazu, gezielt in den Zustand der Herzkohärenz zu kommen. Wie gut es Dir gelingt, Herzkohärenz zu aktivieren, zeigt das Biofeedback der HRV. Wie eine spannende Studie zeigt, kannst Du mit HRV-Biofeedback-Training Deine Entscheidungsfähigkeit und Deine Problemlösungskompetenz besonders beflügeln.

 

Warum Entscheidungen Stress auslösen

In Assessment Centern  setzt man schon lange auf  Zeitdruck und Stress als gängiges Mittel zur Beurteilung von Bewerbern. Diesbezügliche Untersuchungen zeigen zweierlei: 

  • akuter Stress beeinflusst die Zeit, die Du brauchst, um zu entscheiden
  • Stress kann auch nach der Induktion noch lange nachwirken und Deine kognitiven Funktionen stark beeinträchtigen

Was das bedeutet, liegt auf der Hand: 

Wenn Du mit Stresssituationen nicht gut umgehen kannst, fällt es dir schwerer, schnelle und gute Entscheidungen zu treffen, abzuschalten und den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. 

Ohne ein entsprechendes Gegensteuern läufst du Gefahr, anfälliger für emotionale Erschöpfung, Entscheidungsblockaden  und den klassischen Burnout zu werden. 

 

Wie Du bei Stress die Oberhand behältst  

Dieser Frage sind Forscher unlängst im Rahmen einer Studie nachgegangen. Ziel war es herauszufinden, ob und wie ein 10-minütiges HRV-Biofeedback-Training auf die kognitive Leistung bei künstlich erzeugten Stress wirkt. Dazu wurden 18 gesunde Männer unterschiedlichen Alters ausgewählt, die beruflich einer hohen Stressbelastung ausgesetzt waren. Die Testpersonen wurden nach dem Zufallsprinzip entweder einer Biofeedback-Gruppe (BIO) oder einer Kontrollgruppe (COM) zugeordnet. 

Herangehensweise

Die Probanden der BIO-Gruppe wurden gebeten, vor und nach einer 10-minütigen Biofeedback-Intervention eine Konzentrationsaufgabe zu absolvieren. Diese bestand darin, zufällig auftauchende weiße Quadrate in einer Reihe von farbigen Wörtern im Geiste mitzuzählen. In entsprechenden Fragebögen dokumentierten sie ihre jeweils wechselnden Nervositätszustände. 

Ergebnis 

Das Ergebnis dieser kurzen HRV-Intervention ist spannend. Denn im Vergleich zu der Kontrollgruppe gelang es den BIO-Probanden nachweislich

  • Reaktionszeit und Beständigkeit ihrer Antworten zu verbessern
  • beim Zählen der Quadrate weniger Fehler zu machen und 
  • sich insgesamt entspannter zu fühlen. 

Zusammenfassend zeigen die Studienergebnisse, dass sich HRV-Biofeedback-Training positiv auf die kognitive Leistung auswirkt und gleichzeitig für Entspannung sorgt. 

Wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass im Vergleich zu der Kontrollgruppe bei den BIO-Probanden während der Intervention folgende signifikante physiologische Unterschiede nachgewiesen werden konnten:

  • verringerte Atemfrequenz 
  • eine erhöhte HRV.

Schlussfolgerung

Dass sich die Verbesserung der kognitiven Leistung nach der Intervention in einer schnelleren und konstanteren Reaktionszeit sowie in einer geringeren Fehlerquote beim Zählen der quadratischen Stichwörter zeigt, deutet auf folgendes hin:

Die Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit ist auf die verlangsamte Atemfrequenz und die daraus resultierende erhöhte HRV zurückzuführen. 

 

Warum die HRV so wichtig ist 

Die HRV ist ein wichtiges physiologisches Phänomen Dazu wird die die zeitliche Variation zwischen zwei Herzschlägen in Millisekunden gemessen. Diese ist von zentraler Bedeutung. Denn interessanterweise ist es genau die Unregelmäßigkeit, die Aufschluss über die Gesundheit eines Menschen gibt. 

Die HRV ist ein dynamischer Prozess, denn sie ändert sich ständig. Im Idealzustand erhöht sie sich in Phasen der Ruhe (parasympathische Aktivität überwiegt), während die Atemfrequenz abnimmt. Sobald der Körper in Gang kommt oder mit Stress konfrontiert wird (sympathische Aktivität überwiegt), ist es genau andersrum. Die HRV sinkt, die Atemfrequenz nimmt zu. 

Eine hohe HRV ist Ausdruck eines gesunden Herzens und zeugt im allgemeinen von mehr Resilienz, Entscheidungsfreude, verbesserter Lebensqualität und einer geringeren Anfälligkeit für Krankheiten.

Anders sieht es hingegen aus, wenn Du permanent gestresst bist und nicht mehr abschalten kannst, so dass sich die HRV auf einem niedrigen Niveau einpendelt. Selbst in Ruhephase kann sich Dein Körper dann nicht mehr erholen.

Faustregel: Je höher die HRV, desto besser ist Dein körperlicher und emotionaler Zustand. 

 

Zum Abschluss

Wie Du gesehen hast, braucht es nicht viel, um Deine Entscheidungsprozesse positiv zu beeinflussen. Die richtige Atmung ist der Schlüssel.  Dass das nicht alles ist, ist klar. Denn ein aktiver Lebensstil mit Bewegung und Erholungsphasen gehört genauso dazu. Aber damit ist der Anfang gemacht. Und wenn du das nächste mal vor einer kniffligen Entscheidung stehst, warum es nicht gleich einmal mit HRV-Biofeedback-Training versuchen? 

 

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